L. Der Literaturbote 2013
Mit aktuellen Gedichten vertreten in der Novemberausgabe der renommierten Literaturzeitschrift L. des Hessischen Literaturbüros.
(Vor)Bestellung möglich unter Hessisches Literaturforum im Mousonturm.
Heft 111 – November 2013 — In der Mitte von allem
Liebe Leserinnen und Leser,
„Hessen“, hat der unvergessene Matthias Beltz einmal gesagt, „ist umzingelt von lauter Deutschen, hat keinen direkten Zugang zum Meer, zu den Alpen und zum Ausland und daher keinen Kontakt zur Freiheit.“ Wer wie wir von der Redaktion des Literaturboten in Hessen lebt, könnte über diesen Zustand des Landes manchmal ganz melancholisch werden. Darum wollen wir mit dieser Ausgabe unserer Zeitschrift versuchen, etwas daran zu ändern. Etwa indem wir mit Eva Demski dankbar feststellen, dass Hessen nicht nur in der Mitte von Deutschland liegt, sondern „in der Mitte von Allem“.
In Hessen hat der Name Horst Bingel, der in diesem Sommer achtzig Jahre alt geworden wäre, immer noch einen ganz besonderen Ruf. An den streitbaren und dennoch friedfertigen Macher der „Streit-Zeit-Schrift“, an den Poeten und Erzähler wollen wir mit dem Abdruck einiger nachgelassener Gedichte erinnern. Dazu passen die Gedichte von Safiye Can, die, als Kind tscherkessischer Eltern, in Offenbach für die Horst-Bingel-Stiftung sowie als Lyrikerin und Übersetzerin arbeitet. Günter Schwittais absurde Erzählstücke legen Zeugnis von den komisch-spröden Charakteranteilen der Hessen ab, die sie von den Deutschen unterscheiden. In Hessen, in Frankfurt wurde auch Siegfried Kracauer geboren. Er war nicht nur Journalist, Filmtheoretiker und Geschichtsphilosoph, sondern auch begnadeter Erzähler. Schauplatz vieler Abschnitte in seinem Roman „Ginster“ ist Frankfurt; auch deshalb hat ganz Frankfurt im vergangenen Frühjahr den Roman gelesen, den Rolf Wiggershaus als Zeugnis für Kracauers „Kunst der rettenden Desillusionierung“ deutet.
Also: Vielleicht gerade weil Hessen „in der Mitte von Allem“ liegt, schottet es sich nach außen nicht ab. Ganz im Gegenteil – „es legt ein lockeres, freundliches Band“ „um alle (…), die bei sich bleiben dürfen und wollen.“ Ein solches Band legen auch wir jetzt um den Berliner Ralf Portello, um Ulrike Schäfer aus Würzburg und um Rotraud Sarker aus der Nähe von London. Und um alle, die noch kommen mögen.
Und jetzt kein Wort mehr über die Melancholie: „Der November, jener Monat, der die Stadt gleichsam entkleidet und in ihrer ganzen Schönheit zeigt, ohne Ablenkung durch Blätter, Blüten und ähnlich nutzloses Beiwerk, ist zum Erlernen der M. geeignet wie kein anderer.“
Trotzdem, liebe Leserinnen und Leser: Wir wünschen Ihnen einen frohgemuten Winter und schöne Feiertage!
Ihr Werner Söllner
Inhalt
Eva Demski:
Meine erste Dichterin. Ingeborg Bachmann 1960
Zauber der Melancholie
In der Mitte von Allem – Hessen. Eine Reise
Horst Bingel: Sechs Gedichte
Rotraud Sarker: Fünf Gedichte
Ulrike Schäfer: Späte Tage
Ralf Portello: Sechs Gedichte
Safiye Can: Fünf Gedichte
Günter Schwittai: Feininger, Konzernsalut
Rolf Wiggershaus: Siegfried Kracauer und die Kunst der rettenden Desillusionierung
Junges Literaturforum Hessen-Thüringen
Moritz Gause: Waldsterben. Russische Gedichte
Stella M. Pfeifer: Klare Linien
Sandra Klose: Drei Gedichte